April 1, 2020

Progesteronmangel – das musst du wissen

Progesteron – ein absolut unterschätztes Hormon. Wenn es um das Thema weibliche Hormone geht, fällt immer wieder der Name Östrogen. Doch Progesteron und seine Bedeutung steht oft hinten an. Denn Progesteron ist nicht nur das Gegengewicht zum Östrogen, sondern spielt auch ganz für sich eine entscheidende Rolle für Gesundheit und Wohlbefinden. Endometriose, Angstzustände, Schlafstörungen und sogar Gebärmutterkrebs – all diese Erkrankungen stehen in Verbindung mit einem niedrigen Progesteronspiegel. Doch wie kann es überhaupt zu einem Progesteronmangel kommen? Und was kann man gegen zu niedriges Progesteron tun? Das erfährst du jetzt!

Progesteron – das Hormon der 2. Zyklushälfte

Progesteron gehört auf jeden Fall zu den Hormonen, die du als Frau kennen musst. Das Steroidhormon ist auch unter der Bezeichnung Gelbkörperhormon bekannt. Es wird in den Eierstöcken im Gelbkörper gebildet. Der Gelbkörper entsteht wiederum nach dem Eisprung aus dem geplatzten Follikel. Während der Schwangerschaft produziert die Plazenta große Mengen Progesteron. Kleinere Mengen Progesteron entstehen ferner in den Nebennieren. Ebenso wie beim Östrogen ist auch beim Gelbkörperhormon die Ausschüttung vom Zyklus abhängig. In der ersten Zyklushälfte, ist die Progesteronkonzentration eher gering. Ab dem Eisprung steigt der Progesteronspiegel im Blut deutlich an, bis er dann mit seinem Absinken die Menstruation einleitet. Ausnahme ist die Schwangerschaft: Hier bleibt der Progesteronspiegel hoch.

Das Wohlfühlhormon Progesteron

In der 1. Zyklushälfte sorgt Östrogen dafür, dass sich die Gebärmutterschleimhaut aufbaut. Das Progesteron in der 2. Zyklushälfte ist hingegen dafür verantwortlich, dass die Schleimhaut so erhalten bleibt, dass sich ein befruchtetes Ei einnisten kann und dass das Baby mit Nährstoffen versorgt wird. Doch unabhängig von dieser "Fortpflanzungsfunktion" hat Progesteron noch weitere Aufgaben. Es erhöht die Körpertemperatur und unterstützt die Schilddrüse in ihrer Funktion. Es kann als natürliches Diuretikum Wassereinlagerungen entgegenwirken und sorgt dafür, dass du prinzipiell recht gechillt bist. Progesteron ist deshalb auch als das Wohlfühlhormon bekannt. Du siehst, Progesteron hat viele Funktionen im Körper. Deshalb sind die Folgen eines Progesteronmangels oft weitreichend. Und das unabhängig davon, ob ein relativer oder ein absoluter Mangel an Progesteron vorliegt.

Absoluter vs. relativer Progesteronmangel

Bei einem relativen Progesteronmangel produziert dein Körper eigentlich gar nicht zu wenig Progesteron. Vielmehr liegt hier ein Ungleichgewicht im Vergleich zum Östrogen vor. Hast du einen viel zu hohen Östrogenspiegel, ist im Verhältnis zu wenig Progesteron vorhanden. Der relative Progesteronmangel entspricht somit der Östrogendominanz. Ich gehe hier nicht weiter darauf ein. Zum Thema Östrogendominanz habe ich bereits einen ausführlichen Blogartikel verfasst.

Für diesen Artikel ist der absolute Progesteronmangel interessant. Hier ist ganz unabhängig vom Östrogen zu wenig Progesteron vorhanden. Dafür gibt es verschiedene Ursachen.

Die fünf wichtigsten Ursachen von Progesteronmangel

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Ursache 1 - höheres Lebensalter

Durchschnittlich ab dem 35. Lebensjahr werden jeden Monat weniger reife Eizellen zur Verfügung gestellt. Infolge kommt es seltener zum Eisprung. Ohne Eisprung entsteht kein Gelbkörper und somit auch kein Progesteron.

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Ursache 2 - Stress

Bei dauerhaftem Stress braucht dein Körper viel Cortisol. Dieses produziert er um jeden Preis und zwar irgendwann auf Kosten des Progesterons. Er raubt dem Progesteron dafür quasi die notwendige Vorstufe Pregnenolon. Man spricht hier deshalb auch vom Pregnenolonklau

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Ursache 3 - ausbleibender Eisprung

In den fruchtbaren Jahren wird das meiste Progesteron in den Eierstöcken gebildet. Bleibt der Eisprung aus, kommt es zum Progesteronmangel. Hier gilt es zu schauen, warum der Eisprung ausbleibt.

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Ursache 4 - Schilddrüsenfunktionsstörung

Um aus Cholesterin über mehrere Hormonvorstufen Progesteron zu bilden, braucht der Körper Schilddrüsenhormone. Infolge kommt es bei einer Unterfunktion der Schilddrüse langfristig auch zu einem Progesteronmangel. Umgekehrt kann ein Progesteronmangel eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) verschlimmern.

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Ursache 6 - zu viel Prolaktin

Prolaktin hemmt die Hormone FSH und GnRH und dadurch auch die Reifung der Follikel im Eierstock. Folge: Der Eisprung bleibt aus. Auch hier sollte man sich natürlich auf die Suche nach der Ursache des erhöhten Prolaktinspiegels machen. Dazu gehören z.B. Hypophysentumore oder verschiedene Medikamente.

Sonderfall Progesteronresistenz

Was aber, wenn die Symptome alle für einen Progesteronmangel sprechen, Blut- oder Speicheltest aber keinen Mangel nachweisen können? Dann hast du vielleicht eine Progesteronresistenz. Das Progesteron kann in diesem Fall seine Wirkung an den entsprechenden Rezeptoren nicht mehr oder nur noch teilweise entfalten. Es ist also eigentlich genug Progesteron vorhanden, nur die entsprechende Wirkung bleibt aus. Bei Frauen mit Endometriose konnten Progesteronresistenzen in den Endometrioseherden nachgewiesen werden. Warum bei einigen Frauen nun Progesteronresistenzen auftreten und bei anderen wiederum nicht, ist noch nicht klar.

Progesteronmangel Symptome

Zu den Progesteronmangel Symptomen gehören unter anderem:

  • PMS (prämenstruelles Syndrom)
  • Gewichtszunahme
  • Wassereinlagerungen
  • Schlafstörungen
  • Angstzustände
  • Zyklusstörungen (v.a. verkürzter Zyklus)

Progesteronmangel Diagnose

Hinweise auf einen Progesteronmangel liefern natürlich zunächst einmal die Symptome. Leidest du vor der Periode unter Stimmungsschwankungen, Wassereinlagerungen oder Kopfschmerzen? Das können Zeichen für einen Progesteronmangel sein. Ein Progesteronmangel ist auch eine häufige Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch. Ebenso deutet ein sehr kurzer Zyklus auf einen Mangel an Gelbkörperhormon hin. Aufschluss bringen Laboruntersuchungen. Dabei hast du zwei Möglichkeiten: Du kannst deinen Progesteronspiegel via Blut- oder Hormonspeicheltest bestimmen lassen. Beide Tests werden bei einem 28-tägigen Zyklus um den 19. bis 21. Zyklustag durchgeführt. Hier ist der höchste Progesteronspiegel zu erwarten. Den Hormonspeicheltest kannst du übrigens ganz easy selber von zuhause aus durchführen. Wie genau das funktioniert erkläre ich dir im Artikel: "Hormonspeicheltest für Frauen"

Progesteronmangel – was nun?

Ein Progesteronmangel ist immer dann behandlungsbedürftig, wenn du unter Beschwerden leidest. In der Therapie gibt es verschiedene Ansatzpunkte. Diese stelle ich dir gerne vor.

Ernährung bei Progesteronmangel

Wie bei allen Hormonstörungen ist auch beim Progesteronmangel eine ausgewogene Ernährung das A und O. Warum? Der Körper muss die Hormone produzieren. Dafür benötigt er verschiedene Mikro- und Makronährstoffe. Kommt es hier zu einem Mangel, ist eine Hormonproduktion nur eingeschränkt möglich. Ebenso ist der Körper bei der Hormonregulation auf Nährstoffe angewiesen. Bei Vitamin- und Mineralstoffmängeln können diverse Stoffwechselprozesse beeinträchtigt sein. Noch dazu ist eine gesunde Ernährung für die Darmgesundheit sehr wichtig. Ein gesunder Darm ist wiederum Voraussetzung für die Hormonbalance. Doch wie sieht eine hormonfreundliche Ernährung denn nun genau aus?

Die richtige Ernährung bei Progesteronmangel

Top

  • ballaststoffreiche Kost
  • gute Fette (z.B. aus Nüssen)
  • tgl. mehrmals frisches Gemüse
  • bio, regional und saisonal
  • hochwertiges, (pflanzliches) Eiweiß

Flop

  • industriell verarbeitete Nahrungsmittel mit vielen Zusatzstoffen
  • Zucker und zuckerhaltige Nahrungsmittel
  • Weizen und z.T. auch glutenhaltige Getreide
  • zu viel tierisches Eiweiß
  • Milch- und Milchprodukte
  • Soja (in größeren Mengen)
  • Koffeinhaltige Getränke
  • Alkohol

Lifestyle bei Progesteronmangel

In meiner Praxis fiel mir bei Frauen mit einem Progesteronmangel eine Sache ganz besonders auf: Ein Großteil der Frauen hatte nicht nur einen Progesteronmangel, sondern auch eine Nebennierenschwäche. Und was ist die Hauptursache für eine Nebennierenschwäche? Richtig, es ist Stress. Deshalb ist es bei nahezu jeder Hormonstörung so wichtig, seinen eigenen Lifestyle zu hinterfragen. Folgende Fragen kannst du dir zum Beispiel stellen:

  • Schlafe ich ausreichend?
  • Habe ich in meinem Alltag genügend Ruhepausen?
  • Gehe ich regelmäßig einer Tätigkeit nach, die mir Freude bereitet?
  • Habe ich Menschen in meinem Leben, die mir absolut nicht gut tun?
  • Ist die Alltagslast gut innerhalb der Familie aufgeteilt oder muss ich vieles alleine schultern?

Das ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt von dem, was Stress verursachen kann. Stress muss übrigens nicht immer psychischer Natur sein. Auch (stille) Entzündungen bedeuten für den Körper Stress. Besonders häufig finden sich diese silent inflammations übrigens im Darm. 

Progesteronmangel und Heilpflanzen

Gegen die meisten Beschwerden hat die Natur ein Pflänzchen parat. Das ist tatsächlich auch beim Progesteronmangel so. Eine meiner Lieblingspflanzen in der traditionellen Frauennaturheilkunde ist der Frauenmantel. Der Frauenmantel ist fast sowas wie ein Universalmittel. Er tut den meisten Frauen einfach unheimlich gut. Du kannst Frauenmantel als Tee trinken oder als Tinktur zu dir nehmen.

Eine weitere Pflanze, die zur Regulierung des Progesteronspiegels häufig empfohlen wird ist der Mönchspfeffer. Hier gibt es Kapseln, Tabletten oder Tropfen zu kaufen. Die durchschnittliche Dosierung liegt bei 500 bis 1000 mg. Ich persönlich rate von einer Selbstmedikation mit Mönchspfeffer eher ab. Ich habe schon zu viele Frauen kennengelernt, die sich ihren Zyklus mit Mönchspfeffer komplett zerschossen haben. Dennoch: In Therapeutenhand ist der Mönchspfeffer bei den passenden Patientinnen ein schönes und vor allem natürliches Mittel bei Progesteronmangel.

Im Zusammenhang mit Progesteronmangel fällt auch oft der Begriff Yamswurzel. Die Yamswurzel ist vor allem in Mittel- und Nordamerika heimisch. Sie wird dort ähnlich wie bei uns die Kartoffel gekocht und verzehrt. Die Wurzel enthält den Wirkstoff Diosgenin. Dieser Inhaltsstoff hat eine progesteronähnliche Wirkung. Du kannst Yamswurzel zum Beispiel in Kapselform einnehmen oder als Creme auf die Haut einreiben. 

Bioidentisches Progesteron bei Progesteronmangel

Was liegt bei einem Mangel an Progesteron näher als einfach Progesteron zuzuführen? Ich gebe zu, der Gedanke ist natürlich zunächst einmal richtig. Warum dies einerseits eine gute Sache sein kann und andererseits auch wieder nicht, erkläre ich dir jetzt. Zunächst ist es wichtig zwischen bioidentischem und synthetischem Progesteron zu entscheiden. Bioidentisches Progesteron entspricht in seiner Struktur genau dem körpereigenen Progesteron. Der Körper weiß also, was er da bekommt und kann entsprechend damit umgehen. Bei synthetischem Progesteron / Gestagen sieht das schon wieder anders aus. Wenn ich in der Praxis Progesteron verordne, dann nur in bioidentischer Form. Ich möchte dir jedoch ganz arg ans Herz legen, kein Progesteron auf eigene Faust einzunehmen oder als Creme zu schmieren. Egal ob bioidentisch oder nicht, die Dosierung muss hier genau abgestimmt werden. Führst du zu viel Progesteron zu, kannst du in eine Überdosierung kommen. Die Symptome ähneln dann oft denen einer Östrogendominanz. Das Tückische ist, dass sich die Frauen zunächst besser fühlen. Erst nach einer gewissen Zeit treten dann die Symptome der Überdosierung auf. Dann gilt es das überschüssige Progesteron wieder aus dem Körper zu bekommen. Gar nicht so leicht...

Bioidentisches Progesteron gibt es in Form von Kapseln, Tabletten oder Cremes. Es wird meistens aus dem Diosgenin der Yamswurzel gewonnen. Aber Achtung: Yamswurzel ist nicht gleichzusetzen mit Progesteron. Der Körper kann Diosgenin selber nicht in Progesteron umwandeln!

Bioidentisches Progesteron? Nur mit deinem Therapeuten!

Ist das Progesteron gut dosiert, kann es sehr hilfreich sein. Man muss sich aber im Klaren sein, dass es sich hierbei um eine rein symptomatische Therapie handelt. Wenn du das Progesteron absetzt, kommen deine Beschwerden zurück. Bioidentische Hormontherapie? Von mir ein klares Ja, WENN das nicht die einzige Therapie ist. Ganzheitliche Therapie bedeutet, sich die Ursachen der Symptome anzuschauen. Wenn zeitgleich an diesen Ursachen gearbeitet wird, kann der Einsatz von bioidentischem Progesteron sinnvoll sein. Aber ich wiederhole: Bitte nur zusammen mit einem Therapeuten!

Das Wichtigste auf einen Blick

Progesteron ist ein wichtiges Hormon im weiblichen Zyklus. Ein Mangel kann diverse Beschwerden hervorrufen. Ob ein Mangel vorliegt, können Blut- oder Speicheltest zeigen. Die Behandlung eines Mangels sollte immer ganzheitlich erfolgen: Warum ist ein Mangel da? In der Behandlung des Progesteronmangels können Heilpflanzen zum Einsatz kommen. In jedem Fall solltest du aber deine Ernährung umstellen und deinen Lebensstil anpassen.


Über die Autorin dieses Artikels

Katrin Schumann

Katrin Schumann ist Heilpraktikerin und Expertin für Frauengesundheit. Sie unterstützt Frauen dabei, ihren eigenen Weg zu mehr Weiblichkeit, Gesundheit und Wohlbefinden zu gehen. Dabei zeigt sie Alternativen zur Pille als Patentlösung auf. Ihr Anliegen ist es, Frauen Wissen über ihren Körper zu vermitteln, damit sie freie und eigenständige Entscheidungen treffen können. Mehr über Katrin Schumann erfahren

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  1. Schönen Nachmittag, bezügl. Ihrem Text "Das Tückische ist, dass sich die Frauen zunächst besser fühlen. Erst nach einer gewissen Zeit treten dann die Symptome der Überdosierung auf. Dann gilt es das überschüssige Progesteron wieder aus dem Körper zu bekommen. Gar nicht so leicht…" wollte ich fragen, was kann man den machen um es wieder aus dem Körper zu bekommen? danke

    1. Liebe Sarah, hier gilt es vor allem die Leber zu unterstützen, da diese für den Hormonabbau zuständig ist. Ebenso wichtig ist die Darmunterstützung, da der Darm wiederum für den Abtransport verantwortlich ist. Zu beiden Themen findest du hier auf dem Blog Artikel 🙂 Liebe Grüße Katrin

  2. Hallo, ich habe Progrsteronmangel bzw. Östrogendominanz. Habe jetzt einen Arzt gefunden der das erkannt hat. Mind. 3 Ärzte haben mir Östrogen gegeben. Das kann doch nicht sein. Warum haben Frauenärzte keine Ahnung. Mit freundlichen Grüßen

    1. Oh man…ja…die Problematik kenne ich. Vor allem wenn es in Richtung Wechseljahre geht, herrscht in den meisten Köpfen immer noch das Stichwort „Östrogenmangel“ vor. Aber gut, dass du jemanden gefunden hast, der dich jetzt richtig unterstützen kann 🙂

    2. Liebe Corinna, das ist ja super, dass du jemanden gefunden hast, der dir weiterhelfen konnte. Aber du hast absolut Recht, es ist wirklich schwer jemanden zu finden, der das Problem richtig angeht.

      Liebe Grüße
      Katrin

  3. Danke für die Infos! An welche Art Therapeut wendet man sich denn mit diesem Thema?
    Mein Gynäkologe empfiehlt nur die Pille als Lösung – also ist er für mich raus. Habe keine Idee, wer hier sonst noch helfen kann? Kann das auch ein Allgemein-Mediziner?

    1. Liebe Kirsti, ich würde mich an eine Heilpraktikerin mit dem Schwerpunkt Frauengesundheit wenden.

      Liebe Grüße
      Katrin

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